Umweltpakt Bayern

Logo Umweltpakt Bayern - Über den Umwelt- und Klimapakt
 

Kooperationen Staat-Wirtschaft

Umwelt- und Klimapakt-Arbeitsgruppe "Zusammenarbeit Wirtschaft / Bayerische Umweltverwaltung"

Leitbild für eine effiziente und rechtssichere Genehmigungspraxis in Bayern

Der Freistaat Bayern steht vor gewaltigen Veränderungen. Sei es durch ambitionierte Ziele bei Klimaschutz und nachhaltigem Wirtschaften oder auch aufgrund der Digitalisierung: Alle gesellschaftlichen Akteure erfahren große Herausforderungen. Die ambitionierte Transformation der Wirtschaft in eine treibhausgasneutrale, nachhaltige Zukunft ist dabei mitnichten ausschließlich eine technologische Herausforderung. Vielmehr werden die Rahmenbedingungen über eine erfolgreiche Umsetzung entscheiden.

Logo, dass die vier Handlungsfelder Vorberetende Maßnahmen, Prozessablauf, prozessbegleitende Kommunikation und digitale Unterstützung zeigt, die nachstehend einzeln behandelt werden

In der Interaktion zwischen Staat und Wirtschaft kommt dabei Zulassungsprozessen – sei es für Infrastruktur- oder Industrievorhaben – eine zentrale Bedeutung für die Sicherung des Industriestandortes zu. Denn Dauer, Effizienz und Rechtsicherheit von Genehmigungsverfahren spielen im internationalen Standortwettbewerb bei Investitionsentscheidungen eine immer größere Rolle – sie sind ein zentraler Standortfaktor. Hinzu kommt, dass durch den hohen Transformationsdruck auf die Wirtschaft die Anzahl solcher Verfahren in den kommenden Jahren mit Blick auf die erwünschten Anpassungen des industriellen Anlagenparks sowie der Infrastruktur massiv ansteigen wird.

Über die letzten Jahrzehnte haben sich allerdings die Anforderungen gerade im Bereich des Umweltrechtes bei Planung und Genehmigung deutlich verkompliziert. Galten noch vor gut zehn Jahren deutsche Genehmigungsverfahren als positiv besetzter Standortfaktor, wirkt das hohe Komplexitätsniveau mittlerweile zunehmend als Hemmnis bei der Umsetzung von Projekten. Nicht zuletzt ist aus diesen Gründen die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren auf allen föderalen Ebenen ein wichtiges politisches Motiv – das gleichermaßen den großen Wert einer effizienten und effektiven Staatsverwaltung wie auch deren Genehmigungsbehörden unterstreicht.

Entwickelt aus der Mitte des Umwelt- und Klimapaktes Bayern von Vertretern der Wirtschaft und der Staatsverwaltung setzt das vorliegende „Leitbild für die Optimierung von Genehmigungsverfahren“ genau an dieser Stelle an. Es soll den zentralen Akteuren bei Genehmigungsverfahren – Antragstellenden wie zuständigen Genehmigungsbehörden – eine Richtschnur für die möglichst optimale Ausgestaltung ihrer Zusammenarbeit und Rückendeckung für effizientes entscheidungsstarkes Verwaltungshandeln geben, selbstverständlich unter Berücksichtigung der entscheidungserheblichen berechtigten Interessen der im Verfahren zu Beteiligenden. Von der optimierten Erstellung von Antragsunterlagen, dem vertrauensvollen Miteinander, ausreichenden Ressourcen, der klaren und regelmäßigen Kommunikation bis hin zur Implementierung moderner digitaler Elemente soll das Leitbild als übergeordnetes Motiv einen neuen Geist der Genehmigungspraxis in Bayern nach dem Motto „Zukunft gemeinsam anpacken“ begründen.

Um das Leitbild zudem regelmäßig an die Erfordernisse sich immer schneller wandelnder Rahmenbedingungen anpassen zu können, soll es im Rahmen des Monitorings zum Umwelt- und Klimapakt Bayern auf dessen Umsetzung und Praxisbewährtheit sowie etwaigen Überarbeitungs-/Ergänzungsbedarf überprüft werden.

Antragsunterlagen

Schmuckbild Formularseite

Die Basis muss stimmen: Antragsunterlagen optimal vorbereiten.

  1. Informationen und Checklisten

    Das Informationsangebot der bayerischen Umweltverwaltung (z.B. seitens des LfU und des Infozentrum UmweltWirtschaft (IZU) als Teil des Umwelt- und Klimapaktes Bayern) bietet aktuelle Informationen zu rechtlichen Hintergründen, der Verfahrensweise, den Anforderungen sowie Checklisten für umweltrechtliche Zulassungsverfahren. Darüber hinaus bieten auch Leitfäden aus anderen Bundesländern wertvolle Erkenntnisquellen für die gezielte Vorbereitung von Antragsunterlagen solcher Verwaltungsverfahren. Behörde und Antragssteller legen nach Absprache (Antragskonferenz) gemeinsam schriftlich fest, welche Informationen / Formblätter / Pläne / Erläuterungsberichte / Gutachten o. ä. im Antrag enthalten sein müssen.

  2. Gutachten

    Die Behörde fordert Gutachten/Stellungnahmen von Sachverständigen nur im erforderlichen Umfang ein und kommuniziert deren Notwendigkeit frühzeitig. Voraussetzung hierfür ist i. d. R. die Vorlage einer qualifizierten Projektskizze/Präsentation des Vorhabens. In diesem Kontext sollen Antragstellende und Behörden die Möglichkeit der Einbeziehung von neuen bzw. vorhandenen standortbezogenen Gutachten prüfen, die den Prüfaufwand bei anlagenspezifischen Einzelgenehmigungsverfahren reduzieren können.

  3. Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung

    Der Antragsteller bezieht von der Behörde aufgezeigte Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung in seine Überlegungen ein (insbesondere §§ 8, 8a, 9 BImSchG, Antrag auf vorhabenbezogene Bauleitplanung, allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach UVPG).

  4. Vorab-Übermittlung des Genehmigungsantrags

    Der Antragsteller übermittelt den Genehmigungsantrag vor dessen offizieller Einreichung ggf. im Entwurf an die Behörde, welche eine erste Überprüfung auf Plausibilität und Vollständigkeit durchführt (insbesondere bei komplexeren Genehmigungsverfahren).

  5. Bearbeitungsbeginn bei noch unvollständigen Antragsunterlagen

    Falls die Vollständigkeitsprüfung nach Einreichung des Genehmigungsantrages bei der Behörde ergibt, dass lediglich nicht entscheidungserhebliche Unterlagen fehlen, beginnt die Behörde möglichst vor dem Eingang der nachgeforderten Unterlagen mit der Sachprüfung. Der Antragsteller ist im Gegenzug um eine schnelle Ergänzung des Antrags bemüht.

  6. Beauftragung eines Fachbüros zur Antragstellung

    Der Antragsteller wägt – ggf. zusammen mit der Genehmigungsbehörde – sorgfältig ab, ob die Beauftragung eines Fachbüros für die Antragstellung sinnvoll ist. Bei komplexen Vorhaben kann die Unterstützung durch ein Fachbüro die Qualität der Antragsunterlagen und somit die Beschleunigung des Verfahrens fördern.

Miteinander

Schmuckbild Formularseite

Ein gutes Miteinander mit ausreichend Ressourcen schafft Vertrauen.

Die Komplexität von umweltrechtlichen Zulassungsverfahren für Industrieanlagen und damit verbundene materiell- und verfahrensrechtliche Anforderungen sowie Prüferfordernisse sind in den vergangenen Jahren erheblich angewachsen und stellen Antragstellende wie Behörden vor immer größere Herausforderungen. Zudem ist mit Blick auf den hohen Transformationsdruck auf die Wirtschaft (Klima- und Umweltziele!) ein erheblicher Anstieg der Anzahl an Genehmigungsverfahren (durch Prozessumstellungen z.B. zur Energieeinsparung, Etablierung neuere Technologien, usw.) zu erwarten.

Hierfür sind kompetente, handlungs- und leistungsfähige sowie (personell) angemessen ausgestattete Vollzugsbehörden nicht nur wertvolle Partner, sondern auch Voraussetzung. Dies gilt gleichermaßen für Genehmigungs-/ Umweltabteilungen auf Unternehmensseite. Ebenso spielt ein gutes Vertrauensverhältnis der Akteure sowie die gute Kenntnis der jeweiligen Situation und Sachzwänge vor Ort eine wesentliche Rolle für die effiziente Durchführung von Genehmigungsverfahren.

  1. Meilensteine

    Bereits in einer frühen Phase des Projektes einigen sich Behörde und Antragsteller auf Meilensteine und setzen für das Erreichen dieser Meilensteine zeitliche Fristen, die von beiden Seiten verbindlich eingehalten werden.

  2. Ermessensspielräume

    Die Behörde prüft sowohl bei der Festlegung von Genehmigungsverfahren als auch bei der Formulierung von Genehmigungsauflagen vorhandene Ermessens¬spielräume nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Führungsebene bis hin zur Hausspitze der jeweiligen Behörde fördert den einzelfallbezogenen Umgang mit Ermessensspielräumen.

  3. Abwägung der konkreten Ausgestaltung

    Behörde und Antragsteller wägen innerhalb des rechtlichen Rahmens alle Möglichkeiten in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens miteinander ab, wobei ein Fokus auf dem Zeitplan des Unternehmens liegt. Die finale Entscheidung obliegt der Genehmigungsbehörde.

  4. Kontaktpersonen und Rollenverteilung

    Die Kontaktpersonen innerhalb der Behörden und des Unternehmens werden so früh wie möglich kommuniziert und deren Rollen- und Aufgabenverteilung im Genehmigungsverfahren wird zusammen besprochen und festgelegt. Alle Parteien sind bestrebt, in Bezug auf die Kontaktpersonen Kontinuität in einem Verfahren zu gewährleisten.

  5. Fachwissen in Behörden

    Die Behörden achten darauf, dass die fachlichen Kontaktpersonen in den Behörden ein ausreichendes fachliches Wissen über die technischen Anlagen mitbringen oder dieses zeitnah erwerben können bspw. im Fall von neuen Technologien.

  6. Unterstützung durch die Leitungsebene

    Geschäftsführung und Betriebsleitung beziehungsweise die Vorgesetzten der sachbearbeitenden Personen auf Behördenseite wie auch übergeordnete Behörden unterstützen in komplexen Genehmigungsverfahren beziehungsweise bringen sich angemessen und lösungsorientiert ein.

  7. Praxisorientierte Einarbeitung und Hospitationen / Volontariate

    In den bayerischen Genehmigungsbehörden wird gewährleistet, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (einschließlich Verwaltungsfachkräfte, Juristinnen und Juristen) im Bereich der Zulassungsreferate eine praxisorientierte Einarbeitung erhalten und dabei insbesondere auch Besichtigungsmöglichkeiten in Anlagen und Konzessionsabteilungen wahrgenommen werden. Dabei soll zudem die Möglichkeit von gegenseitigen Hospitationen/Volontariaten in Unternehmen und Behörden zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses verstärkt genutzt werden.

  8. Vor-Ort-Besichtigungen

    Die Behörden führen bei Unternehmen mit genehmigungsbedürftigen Anlagen ausreichend Vor-Ort-Besichtigungen durch, um einen vertieften Einblick in das Unternehmen zu erlangen und eine Vertrauensbasis oder zumindest einen Kontakt aufzubauen. Außerdem tauschen sich Behörde und Unternehmen möglichst in regelmäßigen Kontakten (bspw. Jours fixes) miteinander aus.

  9. Kontinuität bei Wechsel der sachbearbeitenden Personen

    Behörden und Unternehmen achten darauf, dass bei Wechsel der sachbearbeitenden Personen ein Know-how-Transfer und Wissensmanagement sichergestellt wird.

  10. Personalausstattung der Behörden

    Adäquate Personalkapazitäten und Ausstattung von Genehmigungsbehörden liegen gleichermaßen im Interesse der Antragstellenden wie auch der Umweltverwaltung selbst. Im Kontext der gestiegenen Anforderungen für Genehmigungsverfahren sowie der zu erwartenden steigenden Anzahl von Verfahren mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele soll der Bedarf an ausreichend qualifizierten Personalressourcen für diese Aufgaben vorausschauend angepasst werden.

  11. Prozesse effizienter ausgestalten

    Sowohl auf Seiten der Antragstellenden als auch der Behörden sollte kontinuierlich geprüft werden, wie Prozesse effizienter ausgestaltet werden können z.B. durch Parallelisierung von Verfahren im Sternverfahren oder – bei komplexeren Fragestellungen – die direkte Einbeziehung von übergeordneten Fachbehörden (Regierungen, LfU, StMUV) bzw. der Nutzung des gesamten behördlichen Know-hows für die rasche Klärung von auftretenden Sachfragen.

Kommunikation

Schmuckbild Formularseite

Offene und regelmäßige Kommunikation vermeidet Verzögerungen.

Die regelmäßige und pro-aktive Kommunikation zwischen Behörden und Antragstellenden ist ein entscheidender Hebel, um bereits im Vorfeld aber auch während der Verfahren Verzögerungen und Unklarheiten zu vermeiden.

Dabei sind Antragstellende und Behörden gleichermaßen gefordert: Die Antragstellerseite z.B. mit Blick auf eine möglichst regelmäßige Kommunikation zu den Projektierungsständen (von der Grobskizze bis zum „detailed engineering“), die Behördenseite mit Blick auf deren Beratungsfunktion auch hinsichtlich (pro-aktiver) Vorschläge für praxisgerechte Verfahrenslösungen. Auch die frühzeitige Kommunikation des Antragstellers mit der Öffentlichkeit spielt dabei – abhängig von Projektart und Projektumfang – eine wichtige Rolle.

  1. Regelmäßige Kommunikation im Projektverlauf

    Das Unternehmen stellt seine konkreten Projektpläne frühzeitig der zuständigen Behörde vor, die dazu ihre Beratungsfunktion wahrnimmt. Zudem sollte eine regelmäßige Kommunikation zum Projektierungs-/Planungsstand zwischen Behörde und Antragsteller sichergestellt sein (z.B. Jour fixes) – auch und insbesondere wenn sich Prioritäten bei Vorhaben auf Unternehmensseite verändern.

  2. Gemeinsames Verständnis als Kommunikationsbasis

    Um die Kommunikation einfacher zu gestalten, werden ggf. bestehende sprachliche Differenzen (z.B. bei juristischen Begriffen), aber auch technische Abläufe zu Beginn eines Verfahrens in Vorgesprächen eindeutig geklärt.

  3. Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung

    Wenn es sinnvoll erscheint (z.B. aufgrund des Umfangs des Vorhabens), wird die Öffentlichkeit, also bspw. Nachbarschaft und Gemeinde, durch den Antragsteller zu einem frühen Zeitpunkt über das Verfahren informiert.

  4. Zeitvorstellungen abstimmen

    Die Behörde prüft, inwieweit die zeitlichen Vorstellungen der Antragstellenden mit dem möglichen Genehmigungsablauf in Einklang gebracht werden können.

  5. Genehmigungsbehörde als Koordinator

    Die Genehmigungsbehörde nimmt ihre Rolle als Koordinator im Genehmigungsverfahren auch im Zusammenspiel zwischen anderen Behörden und Antragsteller aktiv wahr. Insbesondere bei komplexen Genehmigungsverfahren soll eine Person für die behördenseitige Projektleitung benannt werden, die alle relevanten Fachstellen pro-aktiv koordinierend miteinbezieht. Analog dazu wird auch auf Seiten des Antragsstellers eine Person zur koordinierenden Projektsteuerung benannt.

  6. Anhörung zum Entwurf des Genehmigungsbescheids

    Die Behörde sendet den Entwurf des Genehmigungsbescheides vor dessen Zustellung dem Antragsteller zur Anhörung zu. Letzte Fragen oder Vorbehalte werden dann miteinander diskutiert.

  7. Genehmigung so eng wie nötig und so flexibel wie möglich

    Der Tenor der Genehmigung soll so eng wie nötig und so flexibel wie möglich formuliert werden.

  8. Unterstützung bei Gerichtsverfahren

    Wird eine erteilte Genehmigung gerichtlich von einem Dritten angefochten und der Antragsteller zum Verfahren beigeladen, unterstützt er den Fortgang des Gerichtsverfahrens durch aktive Verfahrensbeteiligung.

Digitalisierung

Schmuckbild Formularseite

Digitalisierung bringt neuen Schwung.

Sowohl in der Kommunikation als auch bei der gesamten Verfahrensführung eröffnet die Einbindung digitaler Elemente erhebliche Beschleunigungs- und Vereinfachungspotenziale. Perspektivisch wäre die Entwicklung eines IT-basierten Systems zur vollumfänglich digitalen, medienbruchfreien Durchführung von Genehmigungsverfahren wünschenswert.

  1. Digitale Verfahrenselemente als neuer Standard

    Sowohl in der strukturierten Vorbereitung als auch während des Verfahrens können digitale Elemente (wie z.B. digitale Austauschplattformen für Dokumente, virtuelle Vorbesprechungen/Antragskonferenzen/Jours fixes, etc.) Vereinfachungen und stringentere Ablaufprozesse mit sich bringen. Im Einvernehmen zwischen Behörde und Antragsteller soll die Verwendung solcher digitalen Elemente standardmäßig erfolgen.

  2. Bedarfe und Erkenntnisse in umfassende IT-Lösung einbeziehen

    Perspektivisch werden sämtliche Genehmigungsverfahren im Rahmen des E-Government einer weitgehend vollständigen, medienbruchfreien Prozessdigitalisierung unterliegen – von der Antragseinreichung bis zur Erteilung der Genehmigung. In die Entwicklung einer entsprechenden IT-Lösung sollen die Bedarfe von Behörden und Wirtschaft, Praxis-Know-how sowie gewonnene Erkenntnisse aus Machbarkeitsstudien und Pilotvorhaben einfließen.

zur Übersichtsseite "Kooperation Staat-Wirtschaft - Arbeitsgruppen