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CO2-neutral durch Kompensation und Aufforstungsprojekte: Ist es möglich, als Unternehmen in Baumpflanzprojekte zu investieren, um die CO2-neutralität zu erreichen? Welche Projekte sind dabei genau sinnvoll?
Unser Unternehmen möchte CO2-neutral werden. Macht es Sinn dafür Baumpflanzprojekten zu unterstützen? Ist es hierbei sinnvoller, direkt Aufforstungsprojekte in Deutschland zu unterstützen oder Ackerfläche nachhaltig in Mischwald umzuwandeln? Und werden dabei sowohl bestehende, als auch neu aufgeforstete "Firmenwälder" positiv auf die Bilanz angerechnet?
Auf internationale Kompensationsprojekte aus entwicklungspolitischen und Klimagerechtigkeitsgründen nicht gänzlich verzichtet werden, auch da regionale Projekte die Nachfrage nicht alleine decken können. Kompensationsprojekte in Ländern des globalen Südens adressieren die Ziele für Nachhaltige Entwicklung (SDGs). Sie transferieren Technologie-, Geld- und Wissen, welche den Gastländern bei der Erreichung der eigenen Klimaschutzziele helfen. Sie helfen ebenso bei der Klimafolgenbewältigung und mindern die historischen Klimaschulden der Industrieländer, welche maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich sind.
Egal ob regional oder international: es ist wichtig, dass die Einsparung oder Senkenbildung der Kompensationsmaßnahme nicht mehrfach angerechnet wird, um die Zusätzlichkeit einer Maßnahme gewährleisten zu können. Das betrifft einerseits alle Kompensationsprojekte in Deutschland, da diese gemäß Umweltbundesamt (UBA) vollständig in die nationale Klimaschutzbilanz mit einbezogen werden. Demnach wäre eine Neuaufforstung in Deutschland „nur“ als Beitrag zur nationalen Zielerreichung zu werten und nicht als Kompensation der eigenen Treibhausgas-Emissionen. Auf der anderen Seite besteht seit dem Inkrafttreten des Übereinkommens von Paris am 01.01.2021 auch für die internationalen Kompensationsprojekte das Risiko der Doppelanrechnung, da nun alle Akteurinnen, Akteure und Länder mit eigenen Klimaschutzzielen und -programmen gefordert sind. Diese verdeutlicht noch einmal den Grundsatz: Minderung und Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen vor Kompensationen.
Wichtig bei der Wahl einer Kompensationsmaßnahme ist, dass Qualitätsstandards gewährleistet werden. Die Projekte müssen zusätzlich und permanent sein, Verdrängungseffekte müssen vermieden und die Treibhausgaseinsparung oder -bindung nach robusten, wissenschaftlichen Regeln ermittelt werden. Sie müssen über den „Business-as-usual“ und gesetzliche Vorgaben deutlich hinausgehen. Die Projekte sollten einen Zusatznutzen aufweisen, z.B. beim sozialen Zusammenhalt oder der Umweltbildung.
Grundsätzlich muss bei regionalen Aufforstungsprojekten berücksichtigt werden, dass sich im dicht besiedelten Deutschland besondere Verdrängungsprobleme und Flächenkonkurrenzen ergeben können. Flächen zur Aufforstung stehen für die Landwirtschaft oder andere Landnutzungsarten nicht mehr zur Verfügung. Flächenkonkurrenzen und Zielkonflikte können außerdem mit der Ausweitung von geschützten Landschaftsbestandteilen und neu benötigten Ausgleichsflächen entstehen, auch wenn Maßnahmen zur Treibhausgas-Kompensation und des Naturschutzes in der Zielsetzung meistens übereinstimmen dürften. Bei der Bildung von natürlichen Kohlenstoffsenken spielt außerdem die möglicherweise fehlende Permanenz der Maßnahmen eine besonders große Rolle. So ist die Aufforstung von Wäldern nicht nur voll reversibel, sie sind aufgrund der zugrundeliegenden biologischen Abläufe auch sehr langwierig. Kann bei einer Kompensationsmaßnahme die Dauerhaftigkeit des Kohlenstoffspeichers nicht mit einer ausreichenden Sicherheit gewährleistet werden, ist sie letztendlich nur als Übergangslösung geeignet oder muss durch ein Folgeprojekt ersetzt werden. Diese Aspekte erschweren eine Kompensation auf der Grundlage kleinflächiger regionaler Aufforstungsprojekte.